Sonntagmorgen. Und es schaut so aus, als würde meine berühmt-berüchtigte Sonntags-Morgen-Frühstückstrance langsam zur regelmäßigen Blogzeit werden.
Ich sitze also hier in meiner Küche. Die Sonne scheint durchs Fenster, der Kaffee wird kalt, der Honig läuft vom Brötchen, und ich starre Löcher in die Luft. Hildegard und Panther schnurren auf ihrer Liege an der Heizung, mit Sonne auf ihren Fellnasen. Und plötzlich bin ich wieder bei Freitagmorgen, 9:30 Uhr, in meiner Praxis. Die erste Sitzung des Tages ist beendet. Ich begleite meinen Klienten zur Tür. Ein bisschen Rumgeflachse hier, ein paar positive Worte da – und während ich die Tür öffne, zack – dunkel. Wir schauen beide kurz „medium intelligent“.
Aber schon im nächsten Augenblick höre ich mich sagen: „Ja, was ein Glück. Perfektes Timing – wir sind ja fertig. Dann kannst du jetzt einfach ins Helle gehen, und ich kümmere mich mal hier um Hell.“ Ich verabschiede ihn, sehe im Hausflur, durch die Glastüren der anderen Praxen: Licht. Nur bei mir: duster. Hausflur-Licht gedrückt: geht. Super. Also wohl wirklich nur mein Problem.
Praxistür zu. Sicherungskasten auf. Alle Sicherungen drin. Hauptsicherung – an/aus (alter Elektrikertochter-Trick) – auch nicht.
Und dann macht es klick – nicht im Flur, sondern im Kopf: „Shit. Das ist doch jetzt hoffentlich nicht die Stromabschaltung, die ich dachte, vermieden zu haben…?“
Na dann also wieder auf in die Telefon-Hotline, wie schon mehrfach in den letzten Monaten. Ich schaue in meinen Kalender: Noch eine Stunde, bis Jasmin kommt. Für sie habe ich ohnehin mehr Zeit eingeplant, als wir für die Hypnose wirklich brauchen. Vielleicht kriege ich das schnell genug geregelt, damit der Praxistag normal weiterlaufen kann. „Ja… das hat ja die letzten gefühlten 20 x Male super geklappt… Mal schauen, ob die mir diesmal wirklich helfen können.“ Da ich erst seit 1. August per Mietvertrags-Übernahme vom mittlerweile insolventen Vormieterhier Hauptmieter bin, war natürlich auch das ein To-Do: die Änderung der (Zahlungs)daten beim Stromversorger. Aber beim Stromversorger gestaltete sich das kompliziert. Mit x-fach geführten Telefonaten – „Sie sind nicht der Vertragspartner.“ „Ja, aber es ist so …“ „Ah, wir schicken Ihnen ein Formular mit der Post.“ – die haben am Ende gar nichts bewirkt: Es landete nie etwas in meinem Briefkasten und kein einziger Cent wurde von meinem Konto abgebucht. Und offenbar wurde alles weiterhin vom Konto der inzwischen insolventen Firma abgebucht. Ich hatte ich das finale To-Do, was das Problem sehr wahrscheinlich gelöst hätte, viel zu lange vor mir hergeschoben: persönlich ins Kundencenter zu fahren. Mit allen Unterlagen in der Tasche: Mietvertrags-Übernahme, Gewerbeanmeldung, Zählernummer, Ausweis… Ein halber Tag weg. Termine verschieben. Nummer ziehen. Warten. Schon der Gedanke daran: Unbequem. Nervig. Und mein Praxiskalender ist rappelvoll. Da passt so ein halber Behörden-Tag gar nicht gut rein.
Und genau in dieser mittelmäßig motivierten Überlegung, welchen Tag ich opfern sollte, kam mir der Zufall zur Hilfe. Ich kam zufällig in persönlichen Kontakt mit dem Insolvenzverwalter. Ich erklärte ihm, dass wahrscheinlich weiterhin alle Stromabschläge vom Konto der insolventen Firma abgebucht wurden, da bei mir – trotz aller Telefonate und Mails mit den Stadtwerken– nie eins der zugsagten Formulare bei mir angekommen und keine € von meinem Konto an von den Stadtwerken abgebucht wurde - trotz mehrfacher Vollmachtserteilung. Also fragte ich ihn, ob das zu seinem Job gehört, das zu regeln – und wie wir das mit den Abschlägen ab August machen sollen: Wohin soll ich die überweisen – an den Insolvenzverwalter oder direkt an die Stadtwerke? Er sagte: „Ja klar, schicken Sie mir alles. Ich kümmere mich darum. Die Stadtwerke machen nichts rückwirkend – ich schaue, dass das dann ab 01.11.25 passt. Sie müssen nichts rückwirkend zahlen.“ Zack – entsprechende Mail an den Insolvenzverwalter – fertig! Ich war überzeugt: Das läuft jetzt. Naja. Dachte ich.
Denn da ich nun mit Laptop auf Akku und dem Handy an der Powerbank endlich mal wieder die Stadtwerke-Hotline-Hymne höre… war es wohl nur beim Denken geblieben. Ich schaue in meinen Kalender. Noch eine Stunde, bis Jasmin kommt. Okay. Vielleicht kriege ich das tatsächlich rechtzeitig geregelt, damit der Praxistag normal weiterlaufen kann. Während ich der Hotline-Hymne andächtig lausche und meine Gedanken um die Optionen für den weiteren Verlauf des Tages kreisen...huch.... Jasmin müsste gleich vor der Tür stehen... Klingeln geht ja nicht – Strom ist weg. Also schnell eine WhatsApp an sie: „Bei mir ist der Strom weg. Bin noch in der Hotline. Wenn du da bist: klingeln geht nicht – bitte anrufen oder klopfen.“ Und während ich noch mit Headset am Ohr in dieser nächsten Warteschleife hänge … klopft es an der Tür. Jasmin. Ich winke sie rein, zeige aufs Headset und gestikuliere nur kurz: „Komm rein – ich hänge noch in der Hotline.“ Sie kennt sich ja aus, stellt ihre Sachen ab, holt sich was zu trinken und wartet entspannt.
ENDLICH: „Stadtwerke, guten Tag…“ Eine Mitarbeiterin. Sogar eine von der kompetenten Sorte. Ich erkläre ihr die komplette Story, so, wie ich sie inzwischen schon im Schlaf runterbeten könnte: Mietvertrags-Übernahme, Insolvenz, Hotline-Endlosschleifen, und dass ich dachte, der Insolvenzverwalter hätte das längst geklärt. Sie prüft. Ein kurzer Moment Stille. Dann sagt sie: "Dies Abnahmestelle ist abgestellt" ich innerlich: „Ach was?! Jo, darum rufe ich ja an!“ Ich erkläre nochmal die Hintergründe, nenne den Namen des ehemaligen Vertragspartners und den Namen des Insolvenzverwalters, meine Adresse, meinen Namen usw. Und war damit dann wohl legitimiert genug, mehr Dinge zu erfahren, als dass der Strom abgestellt wurde. Der Insolvenzverwalter hat zum 15.11.25 den Anschluss gekündigt – und ausdrücklich mitgeteilt, dass er keine der angefallenen Kosten übernimmt. Super. Danke dafür. Aber immerhin: Sie kann ja jetzt plötzlich mit mir reden. Weil es keinen aktiven Vertragspartner mehr gibt, der im Weg steht. Dann erklärt sie mir, was ich SOFORT tun soll: Mail an eine Stadtwerke interne Mailadresse, mit den Inhalten, die sie mir genau diktiert. Und die Telefonnummer, die ich danach direkt anrufen soll, damit die Mail sofort bearbeitet wird. Geht doch!
Also kanns es endlich losgehen mit Jasmin. Aber da war ja noch was - Kein Strom. Musik, Hypnose-Relax Sessel dafür wäre Strom schon ganz nett.
Denn: Ein Relaxsessel ohne Strom ist … sagen wir mal … ein sehr aufrechter Hypnosesessel. Aber meine geheime Superkraft: Improvisationstalent war schon am Start. Ich sage zu Jasmin: „Tja, Tageslicht haben wir, Sessel haben wir – dann sitzt du heute eben etwas aufrechter. Die Füße kriegen wir auch hoch, ich stell dir einen Fußhocker hin. Musik spiele ich dir vom Handy, Akku ist voll, und die Powerbank ist auch geladen. Notfalls lege ich die in die Sonne – hat ja eine Solarzelle.“ Sie lacht über meine Survival-Fähigkeiten, geht erstmal aufs Klo (mit Handy-Taschenlampe, weil kein Fenster im WC ist). Hat wohl selbst auch Survival-Fähigkeiten. 😉
Nach einer Runde Smalltalk und Hypnosethema besprechen – was wie üblich bei Jasmin-Terminen einen "winzigen" Moment länger gedauert hat als sonst – ging ich cleverer Weise auch nochmal, mit Handy-Taschenlampe, in den Salon zur weißen Kachel. Und huch – kaum drin, geht das Licht an. Freude. Euphorie. Doch keine Impro-Hypnose. Alles wieder normal. Keine weiteren Termine verschieben. Yeeeeepeeee! Noch schnell eine Dankesmail an die Stadtwerke geschrieben, und der ganze Praxistag lief danach wie am Schnürchen: supernette Klient*innen, viel gelacht, alles perfekt.
Auf dem Heimweg dann der nächste kleine Überraschungsmoment. Mein Handy klingelt. Mein Vermieter. Abends. Kurz nach 20 Uhr. Er klingt richtig aufgeregt: „Frau Winkelmann! Ist alles okay? Die Hausverwaltung hat mir Bescheid gegeben, bei Ihnen wurde der Strom gesperrt! Soll ich kommen? Kann ich irgendwas tun?“ Ich, immer noch im Adrenalin-Glücksmodus: „Alles gut! Ich hab’s geregelt. War nach zwei Stunden wieder da. Stadtwerke waren super nett, alles ist geklärt, keine Terminausfälle, alles cool. Und danke, dass Sie mich anrufen!“ Und da hatte ich plötzlich sogar Pipi in den Augen. Wirklich. Weil das hat man nicht alle Tage: Jemanden, der mitdenkt, aufpasst, empathisch reagiert und der abends um acht noch durchklingelt, um zu fragen, ob man Hilfe braucht. Da fühlte ich mich wie der größte Glückspilz-des-Universums.
Zu Hause angekommen – in meinem kleinen Privat-Zoo: Katzen, Wüstenrennmäuse, Fische… erstmal „Raubtierfütterung“, Spiel- und Kuschelzeit, Runterkommen. Irgendwann geht dann auch mal eine Hypnotiseurin ins Bett. Katzen im Arm. Kurz vorm Einschlafen – ein Klick im Kopf. Mir schossen die Worte nervig und unbequem sehr laut in den Kopf. Der ganze Tag spulte in Sekunden zurück. Und statt wie der„Glückspilz-des-Universums“ fühlte ich mich auf einmal wie jemand, der sich selbst verarscht hat. „Hä? Was war das denn jetzt? Okay… bringt ja nichts, wegzudrücken. Dann guck ich’s mir eben an. Warum fühle ich mich plötzlich so? Warum diese zwei Worte immer wieder? nervig. unbequem.
Und zack – die Erkenntnis zu den beiden Worten: nervig. unbequem. Ich hätte es längst selbst regeln können. Ich habe es nicht getan, weil es eben genau das war: nervig. unbequem. Also habe ich’s vor mir hergeschoben und die erstbeste Gelegenheit genutzt, es vom Insolvenzverwalter erledigen zu lassen – obwohl ich die ganze Zeit ein diffuses Gefühl im Bauch hatte wie: „Das fühlt sich nicht richtig an…“ Das habe ich mir offensichtlich mit dem uns Menschen eigenen Supertalent der Selbstverarschung (auch: Schutz durch Verhaltens-Muster genannt) ganz großartig in ein „Glückspilz-des-Universums“-Gefühl umgefärbt.
Ganz toll. Ich, die immer sagt: „Der Klient muss die Lösung selbst finden, sonst gibt er zu viel Kontrolle und Befähigung ab.“ Ich, die ständig betont: „Methode allein reicht nicht, wenn du sie nicht lebst.“ Ich, ausgerechnet ich habe in einem so banalen Alltagsding genau das nicht gemacht. Autsch. Aber heilsam. Ein bisschen wie eine Kopfnuss mit direkt folgender Erleuchtung. Und genau in dieser Mischung aus Kopfnuss und Erleuchtung kam schon der nächste Gedanke – zuerst leise, dann immer lauter: Mann, war ich da geblendet. So richtig. Wie auf einer Bühne. Mit voller Scheinwerferfront ins Gesicht. Alles auf mich gerichtet. Voller Terminplan, alle wollen mich, „Ich kann jetzt wirklich nicht einen halben Tag ins Kundencenter. Ich bin zu busy. Ich bin zu wichtig. Ich bin zu sehr gefragt.“
Und dann läuft der Film nochmal ab – und diese Scheinwerfer blenden plötzlich so unangenehm hell in mein Gesicht. Dir Erinnerungsreise ging ungefähr 3 Jahre zurück. Ich stand im Seminar - kurz vor "Showtime". Geblendet. Wie oft hatte ich gesagt, dass mir diese Scheinwerfer beim Seminar zu hell sind. Dass ich es hasse, wenn sie mir so ins Gesicht knallen, wörtlich „da bin ich spätestens nach 2 Stunden blind wie ein Maulwurf“. Erinnerung verblasst. Und jetzt hatte ich sie mir sinnbildlich in meinem eigenen Alltag selbst eingeschaltet. Selbst angeknipst. Selbst mitten ins Gesicht gerichtet. OK alles klar -
Verstanden. Dann also schlafen. Ähm nee, mein Unterbewusstsein packte das nächste Puzzleteil aus: Hä? Rollen? Kugel? ...Rollen? ..-Kugel? Was war das denn jetzt?... Klick! Die Kugel. Meine Kugel. Die Kugel aus meinem Hypnoseschule-Logo-Redesign. Natürlich die Kugel. Die, die ursprünglich nur ein hübscher roter Punkt im Logo sein sollte. Die, die ich dann zu einer echten 3D-Kugel gemacht habe, weil ein Punkt einfach zu langweilig war. Die Kugel, die ich gestern in ein schönes Türkis für die Praxen umgefärbt habe. Die Kugel, die jetzt auch der i-Punkt auf den Hypnotiseur-Namen der Praxen ist. Klar – da hätte ich viel früher draufkommen können. Natürlich müssen die rollen. Eine 3D-Kugel. Die muss rollen. To-Do für den nächsten Tage ist klar, schnelle Whatsapp an mich selbst: Video mit rollender Kugel. Wie logisch.
Sehr gut. Ruhe im Kopp. Jetzt schlafen. … haha. Denkste.
Nächstes Wort, knallt rein: Schockblind. Hä? Schockblind?! Warum denn jetzt noch Schockblind?! Verdammt, ich wollte doch schlafen. Ist es jetzt mal gut? Antwort meines Unterbewusstseins: Schockblind! Hmmm. Offensichtlich nicht. Dieses Wort ließ mich nicht in Ruhe. Ich dachte: „Was hat denn das jetzt noch damit zu tun? Ich hab’s doch schon verstanden… oder vielleicht doch nicht? Muss ja irgendwas bedeuten.“ Also nochmal genauer hingucken. Noch einmal Energie mobilisieren – für Konzentration, statt für Verdrängung.
Ich sortierte nochmal: Es war heute dunkel. Mir musste erstmal jemand das Licht abdrehen, damit ich wieder sehen konnte. Das Licht abdrehen heute Morgen – ich war: → kurz blind → kurz erschrocken → Schockblind → Licht ging ja wieder an → alles war gut. Aber ich wollte doch eigentlich gar nicht weiter drüber nachdenken, warum es überhaupt ausgegangen war. Ich hatte den Schuldigen ja schon bestimmt: den Insolvenzverwalter. Es war so schön, in diesem „Glückspilz-des-Universums“-Gefühl zu baden. Mit einem Schuldigen für den beinahe-Supergau. Noch einen Scheinwerfer mehr an, an der Traverse der Selbstverarschung.
Doch kurz vorm Einschlafen meldete sich dann offensichtlich doch die Wahrheit: nervig und unbequem. Und da hatte ich sie wieder die Wahl in was in Energie investiere: Verdrängen. Schlecht schlafen. Zähne zusammenbeißen. Schwamm drüber. Oder – sie mir anschauen. Okay, ich mache ja schon
Schockblind. Schockblind. Schockblind. Das ist eigentlich gar kein Wort aus mir – aber ich hatte es schon einige Male gehört. Und schon damals vermutet, dass diese vielen Scheinwerfer an unserer damaligen Seminar-Lichttraverse irgendetwas damit zu tun hatten. Denn die Traverse war ja die Idee von jemandem, der wirkliche eine medizinische Schockblindheit erleben musste - als Kind. Ich habe damals – entgegen meines besseren Wissens, „Hilfe kann man nicht geben, Hilfe muss angenommen werden“ – versucht dem Erwachsenen "Wir brauchen mehr Licht" Fanatiker zu helfen. Leider ohne dauerhaften Erfolg. Sein Bedürfnis nach (Rampen)licht war nur kurz in ein authentisches, von innen kommendes Leuchten gewechselt – um dann mit der Wucht einer explodierenden Hauptsicherung eines Atomkraftwerks wieder umzuschalten auf dieses noch größere Bedürfnis nach Licht von außen. Wertungen von außen, immer mehr, als Energiequelle, statt unbequeme, nervige Innenarbeit.
Und das war er, der letzte Klick, bevor ich schlafen konnte: Nicht dieses 8000-Watt-Scheinwerferlicht von außen, das den Weitblick so sehr blenden kann, bis er erlischt. Das Licht das Energie frisst. Das obendrein jederzeit abgedreht werden kann, weil man nicht selbst die Quelle ist. Sondern: das unbequeme, nervige Hinsehen in den Spiegel. Das ist die echte Energiequelle. Auch wenn es sich zuerst so anfühlt, als würde es mehr Energie kosten als die externe Energie bequem zu nutzen – Dieses eigene Spiegeln gibt deutlich mehr Energie zurück als hineinfließt. Endlich der für heute letzte Erkenntniskreis hatte sich geschlossen. Mit einer schon bekannten und nun noch klareren Erkenntnis:
Weil Methode allein nicht reicht, um etwas ins Rollen zu bringen.
Oder: Ein fast normaler Tag in meinem Hypnotiseurleben.
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